Oldenburgische Rote Kreuz-Medaille

Neue Erkenntnisse zu den Verleihungszahlen der Oldenburger Rote Kreuz-Medaille

Zitiervorschlag
Martin J. Schmid : Neue Erkenntnisse zu den Verleihungszahlen der Oldenburger Rote Kreuz-Medaille. Webressource: https://schmid-ol.de/?page_id=2878, 04. März 2024.
Die Untersuchungen zur Medaille und dieser Text sind noch nicht abgeschlossen; daher ist dies ein vorläufiger Stand!

Vorbemerkung
Der Verfasser ist kein Fachmann für Ordensfragen (Pha­le­ris­tik) und daher erfolgt hier auch keine eingehende Analyse der verschiedenen Arten und Fassungen der Oldenburger Rote Kreuz-Medaille. Dazu haben bereits Fachleute ihre Erkenntnisse publiziert, siehe Literaturauswahl unten.
Hier soll es ausschließlich um die Verleihungszahlen der Oldenburgischen Rote Kreuz-Medaille gehen!

Bitte geben Sie dem Verfasser gerne weitere Angaben zu Ihren Informationen zur Oldenburgischen Rote Kreuz-Medaille über das Nachrichtenformular.

Vorgeschichte
Mit Erlass vom 10. August 1907 stifte Großherzog Friedrich August von Oldenburg „eine Medaille für freiwillige Krankenpflege und sonstige gemeinnützige Tätigkeit. („Rote-Kreuz-Medaille“.)“
Sie ist nach den Statuten „25 zu 40 mm groß und besteht in dem in vergoldeter Bronze ausgeprägten Namenszuge Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs (F. A. mit der Krone), umgeben von einem ovalen Reifen aus gleichem Material, welcher oben ein kreisrundes Medaillon von 9 mm Durchmesser mit dem roten Kreuz im weißen Feld trägt.“
Erhalten konnten diese Auszeichnung zunächst nur Personen, „die sich in freiwilliger Krankenpflege (in Kriegs- oder in Friedenszeiten) oder in sonstiger Betätigung gemeinnütziger Bestrebungen besondere Verdienste erworben haben.“ [1] Die lokale Presse berichtete am 12. August 1907 über die Stiftung der neuen Medaille.
Am 9. Juni 1908 wurden die Verleihungbestimmungen durch die „Grundsätze für die Verleihung der Roten-Kreuz-Medaille“ dahingehend ergänzt, dass nun auch Personen die „sich in der freiwwilligen Kranken- oder sonstigen Wohlfahrtspflege oder in der Leitung von Kranken- und anderen gemeinnützigen Anstalten besondere Verdienste erworben oder solche Zwecke als Mitglieder von Vereinen oder öffentlichen Körperschaften in hervorragendem Masse gefördert haben.“ Leitende Personen sollten diese Auszeihnung demnach erst nach 25jähriger, nicht leitende Personen erst nach 35jähriger Tätigkeit erhalten. Bei Tätigkeiten über das 70. Lebensjahr in hervorragender Weise sollte auf die Dauer der Tätigkeit weniger Gewicht gelegt werden. [2]
Es gab eine Herrenausführung (35 mm breites dunkelblaues Seidenband mit je Seite ein kleiner roter Streifen); siehe Abbildung [Fa. Suitner] und eine Damenausführung; siehe Abbildungen [Fa. Künker] oder [Fa. Philipp].
In der ersten Fassung ist die Damenmedaille noch am Band (Dreiecksband oder Schleife) mit einem vergoldeten „E“ (16 mm groß), der Namenschiffe der Großherzogin Elisabeth, versehen; sie wurde wohl nur ein Mal so verliehen (Beyreiß, S. 103). Hiervon ist keine Abbildungen ermittelbar.
Der handgezeichnete Entwurf für diese Auszeichnung stammt von Richard Knauer, dem Hofgoldschmied des Großherzogs in Oldenburg. Er lieferte eine Kostenaufstellung und Beschreibung seines Entwurf am 26. Juli 1907 an den Großherzog. Zunächst wurden 50 Stück von Knauer hergestellt. [3] Im November 1907 wurde ein Ansichtsexemplar im Schaufenster der Firma Knauer in Oldenburg ausgestellt. [4]
Nach den Bestimmungen von 1907 waren die Medaillen nach dem Tode des Beliehenen an das „Großherzogliche Kabinett zurückzuliefern“. [1]



Oldenb. Rote Kreuz-Medaille, hier Silber-vergoldet („950“).

Verleihungszahlen
Die Verleihungszahlen der Rote Kreuz-Medaille im Großherzogtum Oldenburg wird bei Beyreiß, und immer wieder in Auktionskatalogen rezipiert, mit nur 18 Verleihungen angegeben. Aber bereits Heinz & Spath haben in ihrer 2013 publizierten Veröffentlichung diesen niedrigen Verleihungszahlen widersprochen und errechnet, dass die Verleihungen „in Summa bei ca. 450 liegen“ dürften.

Inzwischen muss auch diese Anzahl als deutlich zu niedrig angesetzt gelten!

Auch die von Heinz & Spath für das Fürstentum Birkenfeld angegebenen Verleihungszahlen von 45 müssen heute deutlich nach oben korrigiert werden. Weiter auch die dort beschriebene Möglichkeit, dass es sich bei der Anzahl von 18 Verleihungen auf solche im Zeitraum von 1907 bis 1914/15 gehandelt haben könnte (Heinz & Spath, Seite 160, Fußnote 15), ist jetzt nicht mehr haltbar.


Verleihungsbekanntmachung in den Oldenburgischen Anzeigen vom 10. Februar 1916.

Nach umfassenden Recherchen anhand der Quellen „Hof- und Staats-Handbuch des Großherzogtums Oldenburg“ (1908-1914), „Oldenburgische Anzeigen“ und „Nachrichten für Stadt und Land“ kann heute der Stadn der Verleihungen mit über 600 dokumentiert werden! Vermutlich dürften noch weitere Verleihungen nachzuweisen sein, so dass man auf bis zu 650 Verleihungen kommen könnte.

Die erste Verleihung fand – auf Vorschlag der Frau des Großherzogs – am 30. Januar 1908 an die „Obervorsteherin des Oldenburger Frauenvereins“, Frau v. Warnstedt, statt, wie die lokale Presse berichtete. Ihr Name wird im „Hof- und Staats-Handbuch“ in der Ausgaben von 1909 aufgeführt. [5] In den weiteren Auflistungen der Verleihungen ist sie nicht wieder aufgeführt. Auch „Fräulein Mutzenbecher“ (Verleihung am 20. Februar 1911) taucht in den nachfolgenden Jahren nicht weiter in den Verzeichnissen auf. [6]

Verleihungen der ersten Jahre (bis incl. 1914) waren sehr selten, in diesem Zeitraum sind lediglich 15 Verleihungen dokumentiert. Erst 1915 änderte sich die Verleihungspraxis deutlich, das Jahr 1916 bildet den Höhepunkt der Verleihungszahlen.

Die letzten zwei Verleihung sind kurz vor dem Amtsverzicht des Großherzogs in den „Oldenburgischen Anzeigen“ dokumentiert. Es handelt sich dabei um die Diakonisse Sophie Francksen und die Johanniter-Schwester Bertha Graßhorn, beide vom Lazaretttrupp 65. [7]
Der Thronverzicht des Großherzogs von Oldenburg erfolgte am 11. November 1918. [8]
Dass darüber hinaus weitere Verleihungen stattgefunden haben, ist sehr unwahrscheinlich, aber nicht gänzlich ausgeschlossen.

Verleihungen im Fürstentum Birkenfeld
Heinz & Spath hatten in ihrer Publikation besonderen Wert auf die Verleihungszahlen im Fürstentum Birkenfeld gelegt. Sie kamen damals zu einer Anzahl von 45 Verleihungen. [9] Sie schließen aber auch nicht aus, dass weitere Verleihungen (nach Ende der Monarchie) möglich seien. Dies kann zwar nicht bestätigt werden, aber die bisher ermittelbaren Verleihungszahlen sind heute deutlich höher anzusetzen. Aktuell sind aus den ausgewerteten Dokumenten über 80 Verleihungen für das Fürstentum Birkenfeld nachzuweisen.

Besonderheit
Unter den Beliehenen befinden sich auch drei spätere Trägerinnen der Florence-Nightingale-Medaille der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung:
* Anni Rothe (Oldb. RK-Med. 1917; 1920 F.-N.-Med.),
* Mathilde von Horn (Oldb. RK-Med. 1917; 1929 F.-N.-Med.) und
* Berta Veeck (Oldb. RK-Med. 1916; 1963 F.-N.-Med.).

Das preußische Gegenstück
Die Oldenburger Rote Kreuz-Medaille darf nicht verwechselt werden mit der Preußischen Rote Kreuz-Medaille! Ein Unterschied zwischen beiden ist zum Beispiel, dass die preußische Medaille in verschiedenen Stufen (I. bis III. Klasse) und auch nach 1918 verliehen wurde.
Aber auch diese Medaillen wurden an Oldenburger verliehen, wie folgender Zeitungsausschnitt aus den „Nachrichten für Stadt und Land“ vom 24. Mai 1918 verdeutlicht.

Zwei der hier Beliehenen (Feldtange und Willms) hatten die Oldenburger Rote Kreuz-Medaille bereits im Jahr 1916 erhalten!
In den Zeitungen wurde jeweils angegeben, dass es sich um die preußische Variante und meistens auch, um welche Verleihungsstufe (I-III. Klasse) es sind handelte.
Da kein Verleihungsverzeichnis vorhanden ist, ist immer auch möglich, dass die Quellen ggf. die verschiedenen Arten durcheinanderwarfen und nicht korrekt zwischen der Oldenburger und der Preußischen Medaille unterschieden worden ist. Somit sind alle angegebenen Verleihungszahlen trotz umfassender Auswertung und Dokumentation immer mit einem gewissen Vorbehalt zu versehen!

Quellenlage
Die „Oldenburgische Anzeigen“ trägt den Untertitel „Amtliche Nachrichten“ und verdeutlicht damit, dass es sich um staatliche Quellen handelt. Das zeigt auch der Umstand, dass dort ausschließlich die Verleihungen Oldenburger Orden und Ehrenzeichen bekannt gegeben wurde. Der Verfasser hat zum Beispiel dort keine Hinweise zur Verleihung der Preußischen Rote Kreuz-Medaille gefunden. Auch das „Hof- und Staats-Handbuch des Großherzogtums Oldenburg“ ist als staatliche Informationsquelle anzusehen. Herausgeber ist hier das Statistische Amt für das Großherzogtum Oldenburg. In nur wenigen Fällen (8 Personen, in den Jahren 1914-1916 und 1918) sind Verleihungen nur in den Nachrichten für Stadt und Land dokumentiert.

Archivalien, wie z. B. bei Beyreiß angegeben (dort als Hausarchiv Eutin bezeichnet (HAEu)) sind sehr spärlich vorhanden bzw. nicht auffindbar. Eine Anfrage zur Einsicht im Archiv der Herzoglich Oldenburgischen Verwaltung mit Sitz in Harmsdorf (Schleswig-Holstein) blieb bisher aussichtslos. Hier könnten u.a. aus der Militärkanzlei, der Hof- und Privatkanzlei und dem Großherzoglichem Kabinett Archivalien vorhanden sein. Zwei Archivalien aus dem HAEu hatte Beyreiß auch bei seiner Dokumentation berücksichtigt. Er beschreibt aber auch mehrfach, dass in den 1920er Jahren staatliche Aktenvernichtungen stattgefunden haben. Die Archivale im Nds. Landesarchiv Standort Oldenburg (NLA OL Best. 136 Nr. 115) ist zur Rechersche herangezogen worden. Bei der Signatur NLA OL Slg 200 Best. 288 b Nr. 9 handelt es sich um ein überliefertes Stück der Rote Kreuz-Medaille mit Punzierung „950“ (wie bei Heinz & Spath dokumentiert, dort Abbildung 11).

Fußnoten
[1] Erlaß, betreffend die Stiftung einer Medaille für freiwillige Krankenpflege und sonstige gemeinnützige Tätigkeit (Rote-Kreuz-Medaille). In: Oldenburgische Anzeigen, Nr. 187, 11. August 1907.
[2] NLA OL Best. 136, Nr. 115, Blatt 8.
[3] Diese geringe Auflagenhöhe, die auf Angaben von Beyreiß beruhen (dort Seite 103), sind wohl ursächlich für die Annahme, dass diese Medaille sehr selten verliehen wurde.
[4] Nachrichten für Stadt und Land, Nr. 328, 28.11.1907.
[5] Hof- und Staats-Handbuch des Großherzogtums Oldenburg für 1909, Seite 280.
[6] Hof- und Staats-Handbuch des Großherzogtums Oldenburg für 1912, Seite 319.
[7] Oldenburgische Anzeigen, Nr. 261, 6. November 1918.
[8] Nachrichten für Stadt und Land, Nr. 310, 12.11.1918.
[9] Heinz & Spath, Seite 157. Die Angabe von 45 Verleihungen wurde von Heinz erneut im Jahr 2014 (Heimatkalender) wiederholt.

Literatur
* Friedhelm Beyreiß: Der Hausorden und die tragbaren Ehrenzeichen des Großherzogtums Oldenburg 1813 – 1918. Norderstedt: Militair-Verlag Patzwall 1997.
* Werner Heinz, K. P. Christian Spath: Die Rote-Kreuz-Medaille des Großherzogtums Oldenburg unter besonderer Berücksichtigung der Verleihungen im Fürstentum Birkenfeld. In: Orden und Ehrenzeichen. 15. Jg., Nr. 85, Juni 2013, S. 156 ff.
* Werner Heinz: Großherzogliche Rote-Kreuz-Medaille im Fürstentum Birkenfeld. In: Heimatkalender Landkreis Birkenfeld, 59 Jahrgang, Kreisverwaltung Birkenfeld 2014, S. 236 f.
* Manfred Schemeit: Ehrenzeichen Deutsches Rotes Kreuz 1866-jetzt. Lüdenscheid, Edition Deutsches Ordensmuseum 1989.
* Jörg Nimmergut: Deutsche Orden und Ehrenzeichen bis 1945 : Limburg-Reuss [Band 2]. München: Zentralstelle für Wissenschaftliche Ordenskunde 1997.
* Gerd Scharfenberg: Die kgl. preußische Rote Kreuz-Medaille I.-III. Klasse. In: Orden-Militaria-Magazin, 17. Jahrgang, Heft 87, Dezember 1998, S. 1 ff.
* Oldenburgischer Landesverein vom Rothen Kreuz: Die Kriegstätigkeit des Roten Kreuzes Oldenburg von 1914-1919. [Berlin] [ca. 1920].
* Hof- und Staatshandbuch des Großherzogtums Oldenburg (1907-1914).
* Oldenburgische Anzeigen (1914-1918).
* Nachrichten für Stadt und Land (div. Jahrgänge) | Digitalisate hier verfügbar.
* Amtsblatt für den Landesteil Birkenfeld (div. Jahrgänge).

Alle Angaben ohne Gewähr!